Entstehung der Bilder
Die Fotografen Mathias Baer / Lutz Rothe
Fotos aus den 80ern
Zu unserer Zusammenarbeit ist es gekommen, weil wir gerne SW-Fotografien anfertigten und das auch mit den damals üblichen Kleinbildfilmen, die wir nicht nur belichteten, sondern über die Entwicklung der Negative auch die Vergrößerungen selber anfertigten. Handwerk eben, mit dem Weg über lesen, lernen, machen, aus Fehlern lernen und uns von Fachleuten helfen lassen: Amateure ( das ist jemand, der etwas rein aus Liebhaberei betreibt und nicht berufsmäßig ausübt). Wir haben uns dadurch kennengelernt, dass Lutz Rothe Schüler in der „Prima“ des Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium (so hießen die beiden letzten Klassen am Gymnasium damals) war und von Mathias Baer für kurze Zeit als Referendar während der Lehrerausbildung unterrichtet wurde. Es kam unweigerlich zu Gesprächen über das Hobby und die gemeinsam favorisierte Kamera-Marke Nikon. Zu zweit hatten wir eine deutlich größere Auswahl an Wechselobjektiven. Lutz arbeitete während der letzten Schuljahre bei „Foto Vogelsang“, einer damals in Wuppertal bekannten Firma, hatte also auch Zugang zu Hilfen und Fachwissen. Dem Hobby blieb er bis heute treu, digitale Wege wurden im Laufe der Zeit eingeschlagen, und unser Kontakt blieb erhalten. Mathias arbeitete auch schon während seiner Ausbildung und auch später als Lehrer am WDG in der dortigen Foto-AG mit, deren Leiter war damals Herr Dehnert. Später, bis zum Umzug des WDG auf die Hardt, führte Mathias Baer die Arbeitsgemeinschaft selber weiter. Bis zum Schluss mit dem Schwerpunkt auf die traditionelle Arbeit mit Kleinbildfilmen, Eigenentwicklung und Vergrößerungen in der Dunkelkammer. Aber im 21. Jh. wurden im Labor des WDG mehr und mehr auch Methoden der digitalen Bilderzeugung und -verarbeitung Teil des Programms.
Das Thema
Der Vater von Lutz war Textilingenieur mit eigener Bandweberei, Lutz und sein Bruder Axel halfen in ihrer Freizeit bei Bedarf im väterlichen Betrieb schon mal aus. Die typischen Produktionsstrukturen der Heim-Bandweber, das Verlagswesen, die Beziehungen zu den Auftraggebern, den größeren Textilproduzenten und die Verbreitung der kleinen Betriebe in der Stadt waren der Familien Rothe bekannt, sodass wir neben dem Interesse an Aufnahmen aus dem Handwerk auch die Möglichkeit hatten, bei verschiedenen Familienbetrieben in die Werkstätten zu gelangen und die Erlaubnis erhielten, ungehindert fotografieren zu dürfen. Spannend fanden wir, die Maschinen, die Produktionsorte, die Menschen und ihre Arbeitsbedingungen sehen und fotografieren zu können. Ein fotografisches Porträt eines Berufszweigs, der in der wirtschaftlichen Öffentlichkeit Wuppertals schon damals nur eher Eingeweihten bekannt war. Dennoch waren die Bandwirker im 19. Jh. ein wichtiges Element der Wuppertaler Textilindustrie und ihres internationalen Erfolgs. Wie also sahen die Räume, Maschinen und Produktionsstätten dieser Heimarbeiter aus? Ließen sich in den zum Teil engen und dunklen Räumen „gute“ Schwarzweißaufnahmen machen? Unser Ziel war es nicht, Arbeits- oder Sozialreporter zu spielen, wir wollten aus dieser eigenen Welt eher Ausschnitte, Details, Blicke auf Strukturen herauslösen, die man als zeigenswerte SW-Aufnahmen vergrößern und zeigen, ausstellen konnte.
Warum jetzt?
Das Ausstellungsprojekt, das uns schon damals vorschwebte, haben wir zwar nie aus den Augen verloren, es aber nicht realisiert, weil unsere Berufswege und Wohnorte, die Umsetzung behinderten. Es ergab sich nie die Zeit und der unbedingte Wille zur Realisierung. In der Zwischenzeit, auch das ist mehrere Jahre her, hatte Lutz die Möglichkeit mit einem professionellen Scanner (Nikon…) unsere Negative in die digitale Form zu überführen, ein Schritt zur digitalen Weiterverarbeitung und modernen Präsentation, z.B. übers Internet. Mittlerweile ist Mathias Pensionär und sein Interesse an der Fotografie ist durch die digitalen Möglichkeiten erneut deutlich gewachsen, unsere Zusammenarbeit und der Austausch über unser Hobby lebt weiter, auch wieder mit kompatiblen Ausrüstungen. In Wuppertal könnte das Gewerbe der Bandwirker bald vergessen werden. Das „Historische Zentrum“ (Museum für Frühindustrialisierung) wird umgebaut, der Umzug und vielleicht die Existenz des Bandwebermuseums steht in Frage, ist aber wohl doch jetzt gesichert und das Überleben der traditionsreichen Bandweberei Kafka hängt auch am sprichwörtlich seidenen Faden. Es wird Zeit, dass wir unsere alten Bilder der moderne Öffentlichkeit zugänglich machen und damit vielleicht einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass die Bandweber in Wuppertal nicht in Vergessenheit geraten.